In unserem Alltag als Kommunikatorinnen und Kom­munika­toren kennen wir Situationen wie diese nur allzu gut: Wir schreiben eine Presse­mitteilung oder einen Fach­beitrag und überlegen uns: gendern, ja oder nein? Wir berichten in der Mit­arbeiter­zeitung darüber, wie eine Kollegin ihren Alltag im Roll­stuhl meistert, und wollen keine problematischen Begriffe verwenden. Wir fragen uns: Reagieren wir als Unter­nehmen auf den Pride Month – und wenn ja, wie? Oder: Wir möchten den muslimischen Followern unseres LinkedIn-Kanals zum Zucker­fest gratulieren und dafür die richtigen Worte finden. In diesen Momenten wird uns bewusst, wie wichtig eine sensible Kom­muni­kation ist. Es braucht das nötige Finger­spitzen­gefühl, um in kein Fett­näpfchen zu treten und niemanden zu brüskieren.

Die Suche nach den richtigen Worten (und Handlungen) hat auch uns als Agentur im Zuge unserer „CC Care-Wochen“ beschäftigt. Wir widmen uns in diesem Jahr vier Themen, die uns besonders am Herzen liegen: Soziales, (Mentale) Gesund­heit, Bildung und Umwelt. Unsere zweite „Care-Woche“ steht unter dem Motto „Mental Health“. Konkret geht es um die Mentale Gesundheit am Arbeits­platz. Dabei haben wir uns gefragt: Wie kommuniziert man sensibel über ein so sensibles Thema?

Die Bedeutung sensibler Kom­muni­kation erken­nen

Empathisch sein und niemanden verletzen wollen: Darauf achten zum Glück immer mehr Menschen. Das gilt auch für die Unter­nehmens­kommunikation. Wobei es hier um mehr geht als ums Zwischenmenschliche. Kom­munikator:innen beeinflussen, wie Mitarbeitende, Kundinnen und die Öffentlichkeit das Unternehmen wahrnehmen. Sensible Kom­muni­kation ist also kein Trend, sondern ein grund­legendes Element, das die Werte und die Kultur des Unter­nehmens wider­spiegelt. Sie zeigt sich auf zwei Ebenen: Sprache und Handlungen.

Die Macht der Worte

Klar ist: Wir Kommunikatoren müssen sensible Themen respekt­voll und rücksichts­voll ansprechen – und deshalb die richtigen Worte wählen. Als wir die CC Care-Woche zu Mental Health organisiert haben, haben wir beispielsweise darauf geachtet, von „Gesundheit“ zu sprechen statt von „Krankheit“, um keine negativen Gefühle zu triggern. Woher wissen wir, welche Worte angebracht sind? Indem wir Betroffenen und Fach­leuten zuhören. Verschiedene Organisationen haben zu diesen Themen entsprechende Leit­fäden veröffentlicht, an denen wir uns orientieren können. Einige Beispiele findet ihr am Ende des Textes.

Worten folgen Handlungen

Doch Worte sind nur glaub­würdig, wenn das Unter­nehmen die Botschaft dahinter auch lebt. Um bei unserer Agentur und dem Beispiel „Mental Health“ zu bleiben: Wir haben für das ganze Team einen Gesund­heits­tag organisiert, der von externen Profis geleitet wurde. Auf der Agenda: ein Impulsvortrag „Stress verstehen“ und zwei Workshops, in denen es um gesunden Schlaf und Stress­management ging. Zudem haben unsere Führungs­kräfte sowie weitere Kolleg:innen an einem mehr­tägigen Ersthelferkurs für MHFA (Mental Health First Aid) teil­genommen. Dort wurden sie für mentale Probleme sensibilisiert und für den Um­gang mit solchen geschult.

Der Lernprozess zählt

Wer als Unternehmen mit Finger­spitzen­gefühl kommunizieren möchte, sollte über kurz­fristige Maß­nahmen hinausdenken. Sensible Sprache ist ein dauer­hafter Bestand­teil der Unter­nehmens­kommuni­kation und geht mit Handlungen einher. Dafür gilt es, sich regel­mäßig zu hinterfragen, die Kom­muni­kation mit den Unternehmens­werten und den sich verändernden Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Kunden abzugleichen – und gegebenenfalls zu aktualisieren. Ist dieser Lern­prozess angestoßen, fällt auch der Umgang mit Fehlern leichter: Sollte es zum Beispiel mal eine negative Kritik in den (sozialen) Medien geben, können Unter­nehmen offen ansprechen, dass sie sich in einem Lern­prozess befinden. Fehler zu machen, gehört dazu. Nur wenn wir sie zugeben können und gewillt sind uns zu verbessern, bleiben wir authentisch.

Sensibler Sprach­gebrauch im Um­gang mit seelischer Gesund­heit

  • Nicht alle psychischen Probleme sind gleich. Der Begriff „psychische Erkrankung“ umfasst viele verschiedene Symptome. Deshalb ist es wichtig, bestimmte psychische Probleme zu benennen, wenn wir über sie sprechen.
  • Wir sollten Begriffe wie „verrückt“, „wahnsinnig“ oder „irre“ vermeiden.
  • Menschen sollten nicht auf ihre psychischen Probleme reduziert werden. Das kann auf Betroffene stigmatisierend wirken und schließt die Behandlungs­möglichkeiten aus. Personen sollten zum Beispiel nicht als „depressiv“ beschrieben werden, sondern als Personen, die „an Depressionen leiden“ oder „wegen Depressionen behandelt werden“.

Mehr dazu findet ihr auf der Website des Aktionsbündnis Seelische Gesundheit: https://www.seelischegesundheit.net/presse/fair-media/

Diskriminierungsfreie Sprache

  • „Menschen mit Migrationshintergrund“: Der Begriff wird oft als stigmatisierend empfunden, da mit ihm vor allem „Problemgruppen“ in Verbindung gebracht werden. Alternativen könnten „Menschen aus eingewanderten Familien“ oder „Menschen mit internationaler Geschichte“ sein.
  •  „Farbig“: Eine koloniale Fremdbezeichnung, die als Abweichung von der weißen Norm betrachtet werden soll. Der Begriff wird von Betroffenen ebenso abgelehnt wie „Dunkelhäutig“. Selbstbezeichnungen von nicht-weißen Menschen sind zum Beispiel „Schwarz“ oder im englischen „People of Color“ (POC), wobei People of Color kein Synonym von Farbig ist.
  • „Roma“: Sowohl die Selbstbezeichnung als auch für eine Bevölkerungsgruppe. Da es sich um eine heterogene Gruppe mit zahlreichen Untergruppen handelt, sprechen Experten von Roma-Gruppen oder Angehörigen der Roma-Minderheiten.

Diese und noch mehr Informationen zu diskriminierungssensibler Sprache könnt ihr im Glossar von Amnesty International finden: https://www.amnesty.de/glossar-fuer-diskriminierungssensible-sprache

Geschlechtsneutraler Sprachgebrauch

  • Das generische Maskulinum vermeiden.
  • Noch besser als Doppelnennungen (zum Beispiel Professorinnen und Professoren) sind Asterix * oder Doppelpunkt, also zum Beispiel Professor*innen oder Professor:innen. Doppelnennungen implizieren nämlich ein binäres Geschlechtersystem. Mit den Sonderzeichen werden alle Geschlechtsidentitäten eingeschlossen.
  • Damit der Lesefluss nicht gestört wird, können Sätze oft ganz einfach umformuliert werden. Zum Beispiel: Anstatt „Wir suchen eine*n erfahrene*n und teamfähige*n Mitarbeiter*in“ können wir schreiben: „Sie sind teamfähig und erfahren.“

Mehr Tipps zu geschlechtsinklusiver Formulierung findet ihr im Leitfaden von Amnesty International: https://www.amnesty.ch/de/ueber-amnesty/inklusive-sprache/inklusive-sprache-uebersicht/leitfaden-inklusive-sprache-de.pdf