KI revolutioniert die Kreativbranche: Von der automatisierten Bildgenerierung bis hin zur Texterstellung und Videooptimierung gibt es unzählige Einsatzmöglichkeiten. Doch rechtliche Unsicherheiten und technische Grenzen bleiben – und genau hier kommen Designer:innen ins Spiel, die Kreativität und Verantwortung vereinen. Annette Kadatz, Art Directorin bei CC, beantwortet die wichtigsten Fragen, die für Kommunikator:innen relevant sind.
CC: Annette, für Dich als Designerin: Ist KI DAS Allheilmittel?
Annette: Ganz klares Nein! KI ist für mich nur ein zeitgemäßes Werkzeug zur Umsetzung meiner Ideen. Der Mensch ist der KI bei Ideenentwicklung und Kreativität überlegen. Ich lerne mit Begeisterung KI-Tools kennen und teste die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben. Mit einem verantwortungsvollen Umgang und einem geschärften Bewusstsein für die Chancen und Grenzen von KI können Designer:innen das volle Potenzial dieser neuen Tools ausschöpfen und dabei ihrer kreativen Eigenständigkeit treu bleiben. Die KI kann ein wertvoller Helfer sein, aber sie kann keine Verantwortung für unsere Ergebnisse übernehmen.
CC: Wer übernimmt die Verantwortung dann?
Annette: Sie liegt letztlich immer bei uns Menschen. Nur wir können sicherstellen, dass die Ergebnisse den ethischen, moralischen und kulturellen Werten entsprechen, die in einem bestimmten Kontext relevant sind. Apropos Verantwortung: Als Agentur gehen wir bei KI-erstellten Inhalten nach der Richtlinie zum Einsatz von KI in der PR des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR) vor. KI-generierte Inhalte müssen demnach entsprechend gekennzeichnet werden.
CC: Ist KI schon so weit, dass sie ein reales Fotoshooting überflüssig macht?
Annette: KI kann mittlerweile beeindruckende Bilder erzeugen – ganz ohne Fotografen, Location oder Model. Dafür braucht es allerdings einen durchdachten Workflow, bei dem ein Mensch die KI gezielt steuert und anpasst, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Perfekt ist die KI-Generierung noch immer nicht. Details wie Haut, Gliedmaßen oder bestimmte Materialien sind noch fehleranfällig und benötigen eine gründliche Kontrolle. Das kann ich aus eigener Erfahrung nur jedem raten. Es gibt aber schon sehr gute Ansätze, wie KI-Produktionsprozesse beschleunigen und vereinfachen kann. Der Layout Creator von Strichpunkt für die DHL zum Beispiel ist ein KI-basiertes Tool, das DHL-Mitarbeitenden, also auch Nicht-Designern, ermöglicht, eigenständig und intuitiv hochwertige, markenkonforme Layouts zu erstellen.
CC: Welche Aufgaben – jenseits von Bildgenerierung – kann KI heute oder bald in der Gestaltung übernehmen?
Annette: Die Palette ist groß und vielfältig. Und täglich kommen neue Tools und damit auch Möglichkeiten hinzu. KI kann uns mittlerweile bei fast allen Gestaltungsaufgaben unterstützen. Die wichtigsten Anwendungsbereiche sind Videoerstellung und -bearbeitung, Web- und UX-Design, Schrift- und Typografie-Design, 3D-Design und Modellierung, Design-Konzepte und Markenstrategie, Personalisierte User-Erlebnisse, Farbschemata und visuelle Identität.
CC: Nutzt Du denn hauptsächlich KI-Tools für Gestalter oder gibt es da auch andere, die für Dich nützlich sind?
Annette: Ja, klar. Beispielsweise nutze ich für Kreativkonzepte oder zum Brainstorming gerne ChatGPT, auch mit mehreren GPTs. Als erster Anhaltspunkt kann das bereichernd sein. Doch ein Mensch ist mir persönlich lieber, da eine Interaktion entsteht, die kein KI-Tool ersetzen kann. Und manchmal spuckt das KI-Tool auch Mist aus, Inhalte wiederholen sich, wenn auch in Varianten. Man rührt dann in einer Suppe rum und muss aufpassen, dass man da schnell wieder rauskommt. Mit präzisen Prompts „passieren“ im besten Fall nur kleine Abweichungen, die zuweilen sehr inspirierend sind.
CC: Wenn die KI-Tools immer schlauer und besser werden, brauche ich dann künftig überhaupt noch noch ein:e Designer:in?
Annette: Deine Schlussfolgerung scheint auf den ersten Blick logisch. Doch ein Tool zur Designunterstützung ersetzt nicht automatisch den Designer. KI-Tools werden in der Tat immer leistungsfähiger, doch erst Designer:innen bringen kreative Visionen und strategisches Denken mit, verstehen das „Warum“ hinter einem Design und entwickeln kontextgerechte Konzepte. Während KI nur bestehende Datenmuster reproduziert, bieten Designer:innen emotionale Intelligenz, kulturelles Verständnis und ethisches Bewusstsein. Ihre Fähigkeit, kreative Problemlösungen anzupassen und das Beste aus verschiedenen Entwürfen auszuwählen, bleibt einzigartig. KI unterstützt den Prozess, ersetzt aber nicht die menschliche Kreativität und Empathie.
CC: Also hat KI noch Grenzen?
Annette: KI wird immer Grenzen haben, da sie (noch) nicht menschlich intuitiv und emotional agieren kann. Sie entwickelt auch keine Kreativität im eigentlichen Sinne. Das wird sie vermutlich auch nie.
Die Frage nach den Rechten an KI-generierten Inhalten ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. In Deutschland und der Europäischen Union schützt das Urheberrecht nur Werke, die als „persönliche geistige Schöpfungen“ eines Menschen gelten. Daher genießen Inhalte, die ausschließlich von einer Künstlichen Intelligenz ohne menschliches Zutun erstellt wurden, keinen Urheberrechtsschutz. (Quelle: BMJ, März 2024). Wenn jedoch ein Mensch die KI gezielt einsetzt und dabei kreative Entscheidungen trifft, kann das resultierende Werk als gemeinschaftliche Schöpfung betrachtet werden, bei der der menschliche Beitrag urheberrechtlich geschützt ist. (Quelle: ibp.Kanzlei, April 2024). Die rechtliche Lage im Bereich KI und Urheberrecht verändert sich derzeit rasant. Aktuelle Entwicklungen und Gerichtsurteile können die bestehenden Regelungen beeinflussen. Daher ist es ratsam, sich regelmäßig über den aktuellen Stand zu informieren und bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einzuholen.
Ob mit oder ohne KI: Corporate Design ist eine Schwerpunktkompetenz der B2B-Agentur Communication Consultants. Wenn ihr Fragen an Annette habt, schreibt ihr gerne an kadatz@cc-stuttgart.de