Nachrichten über Nachrichten über Nachrichten. Unsere Social-Media-Feeds, News-Apps und Co. sind voller aktueller Meldungen. Umso schwieriger ist es für Unter­nehmen, sich in dieser Gemengelage zu positio­nieren und für die eigenen Themen Gehör zu verschaffen. Warum also nicht die Themen nutzen, die schon auf der öffentlichen Agenda stehen – quasi auf die Nachrichtenwelle aufspringen und die vorhandene Reichweite mitnehmen? Das dachte sich der amerikanische Marketing-Stratege David Meerman Scott und begründete „Newsjacking“ als PR-Strategie.

Geplant oder nicht geplant – das ist hier die Frage

Zu unterscheiden sind zwei Arten des Newsjackings: Unter­nehmen können entweder die Aufmerksamkeit von regel­mäßigen oder planbaren Ereignissen für sich nutzen, beispielsweise Sportveranstaltungen oder Anlässe wie Weihnachten – wobei auch das für einige von uns immer wieder überraschend kommt. Oder sie können auf aktuelle und unvorhergesehene Ereignisse aufsatteln. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile.

Bei planbaren Anlässen ist auch die Kommunikation planbar. In der Regel ist genügend Zeit, ein Konzept mit Strategie und allem Drum und Dran zu erarbeiten sowie die Kommunikations­maßnahmen detailliert vorzubereiten. Die Kehrseite: Die Konkurrenz schläft nicht. Auch andere Unternehmen bereiten sich auf diese Anlässe vor, wodurch es deutlich schwieriger wird, Aufmerksamkeit zu bekommen. Bei unvorhergesehenen Anlässen ist es genau umgekehrt: Statt akribischer Planung und Vorbereitung sind Spontaneität und kurze Entscheidungswege gefragt. Das wird mit Aufmerksamkeit belohnt – schließlich ist das Unternehmen dabei den meisten anderen einen Schritt voraus. Erinnern Sie sich beispielsweise an „HDGDL, GDL“ von Sixt zum Lokführerstreik?

Wie „newsjacke“ ich richtig?

Was bis hierhin relativ einfach klingt, ist in der Praxis gar nicht so leicht – zumindest was das spontane Newsjacking angeht. Damit es klappt, sind drei Schritte zu durchlaufen.

1. Medien, Trends und Entwicklungen im Blick behalten

Wer Newsjacking für sich nutzen möchte, muss immer up-to-date sein über das, was in der eigenen Branche sowie in der Gesellschaft passiert. Deshalb lohnt es sich, Meinungsführer in der digitalen und analogen Welt im Blick zu behalten, ebenso die aktuelle Medienberichterstattung sowie Social Media-Plattformen. Ein gutes Gespür für aufkommende Themen ist dabei auch von Vorteil.

2. Den passenden Anlass auswählen

Hierin liegt die wohl größte Schwierigkeit des Newsjackings: Welcher Anlass eignet sich? Bevor Unternehmen ein Ereignis nutzen, sollten sie sich folgende Fragen stellen: Welche Verbindungen gibt es zwischen dem Ereignis und dem Unternehmen, der Marke oder den Produkten? Wie kann das Unternehmen das Ereignis „anreichern“, welchen Mehrwert kann es bieten? Ist das überhaupt relevant und interessant für die Zielgruppen? Der Grat zwischen dem perfekten Anlass und einem Fehlgriff ist sehr schmal. Wird die Nachricht nämlich von den Zielgruppen als unpassend empfunden, kann ein Shitstorm oder sogar ein Imageschaden drohen.

Wichtig bei der Auswahl des Ereignisses ist auch das Timing. Die meisten Themen auf der öffentlichen Agenda sind kurzlebig, was sehr schnelles Handeln erfordert. Das Unternehmen sollte den Anlass vor der Konkurrenz für sich nutzen und auf die Welle aufspringen, bevor das Thema seinen Höhepunkt erreicht hat, um sich als Referenz positionieren zu können:

3. Inhalte erstellen und veröffentlichen

Steht das Thema fest, geht es an die Erstellung des Contents. Dabei sollten Unternehmen der Zielgruppe mehr bieten als recycelte Inhalte, d.h. sie müssen das Ereignis mit interessanten und nützlichen Informationen anreichern. Bei sensiblen Themen ist es außerdem wichtig, den passenden Ton zu treffen. Sonst kann die Aktion schnell nach hinten losgehen.

Sind die Inhalte fertig, steht der Veröffentlichung nichts mehr im Wege. Die Auswahl der Kanäle hängt zum einen von der Ziel­gruppe ab: Auf welchem Weg ist sie am besten erreichbar? Zum anderen aber auch von der erforderlichen Geschwindigkeit. Online-Kanäle haben in diesem Fall gegenüber der analogen Welt einen großen Vorsprung.