Fachwörter können kompliziert sein. Mit zehn Silben und 28 Buchstaben fällt „Nachhaltigkeitskommunikation“ zweifellos in die Kategorie „Wortungetüm“. Und doch spielt das Thema für immer mehr Kommunikator*innen eine wichtige Rolle. Grund hierfür ist der hohe Stellenwert der Nachhaltigkeit. Doch was steckt eigentlich dahinter? Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip. Der Begriff stammt aus der Forstwirtschaft und taucht im deutsch­sprachigen Raum zum ersten Mal vor mehr als dreihundert Jahren auf. Hier bezeichnete „Nachhaltige Nutzung“ eine Bewirtschaftung, bei der „immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann“. Die heute wohl meistgebrauchte Definition stammt aus dem sogenannten Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen von 1987. Nachhaltige Entwicklung solle demnach die Bedürfnisse der Gegen­wart befriedigen – ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.

Nachhaltigkeit in der Wirtschaft

Die vergangenen Jahre haben deutlich gemacht: Klima- und Ressourcenschutz werden zur Überlebensfrage für unseren Planeten. Für die Wirtschaft ist das eine große Herausforderung: Die Zukunftsfähigkeit ganzer Branchen – so zum Beispiel der Energie- oder Automobilwirtschaft – hängt davon ab, ob ihnen die Transformation ihrer bisherigen Geschäftsmodelle gelingt. Das gilt sowohl für B2C- als auch für B2B-Märkte. Ein wichtiger Treiber ist die Energiepolitik auf nationaler oder EU-Ebene, so zum Beispiel die Deutsche Nachhaltigkeits­strategie oder der European Green Deal. Der ganze Kontinent soll bis 2050 klimaneutral sein. Daraus ergeben sich viele rechtliche Vorgaben. In Deutschland verpflichtet zudem das für 2023 angesetzte Lieferkettengesetz Unternehmen dazu, in der gesamten Lieferkette Transparenz und Verantwortung zu zeigen. Richtungsweisend ist auch ein Urteil, das Ende Mai im niederländischen Den Haag fiel: Umweltschutzverbände hatten den Ölriesen Shell verklagt, der Konzern verlor den Klimaschutzprozess – und muss nun seinen CO2-Ausstoß um 45 Prozent reduzieren.

Von Nachhaltigkeits­zertifizierungen für Immobilien bis hin zu nachhaltigen Geldanlagen: Nachhaltigkeit verspricht Vermarktbarkeit – und Reputation. Unternehmen, die werte­orientiert und verantwortungsvoll wirtschaften, profitieren auch bei der Mitarbeitergewinnung: In einer aktuellen Online-Umfrage der Jobplattform StepStone gaben drei Viertel der Befragten an, dass Nachhaltigkeit bei ihrem Arbeitgeber für sie wichtig sei. Der sogenannte Purpose – der Zweck und tiefere Sinn eines Unternehmens – gewinnt zunehmend an Bedeutung. Und das vor allem für junge Menschen der Generation Y und Z.

Chancen und Risiken in der Kommunikation

Was bedeutet all das für die Kommunikation? Unternehmen können ein hochaktuelles Thema bespielen, sich als Vorreiter positionieren und ihren guten Ruf stärken. Weil Nachhaltigkeit ökologische, ökonomische und soziale Ziele vereint, ist zudem das Spektrum möglicher Themen groß, zum Beispiel:

  • Abfallvermeidung
  • Ressourcenschonung
  • Klimaneutralität
  • faire Lieferketten
  • nachhaltige Anlageprodukte
  • „Cradle-to-Cradle“-Prinzip der Kreislaufwirtschaft
  • gesellschaftliches Engagement
  • Themen wie Gesundheitsschutz und Diversity

Doch es gibt auch ein Risiko: Wenn Unternehmen durch Greenwashing – also „Grünwaschen“ oder „Grünfärben“ – ein Image aufbauen wollen, das nicht der Realität entspricht, kann die Reputation Schaden nehmen. „Grüne“ Behauptungen sollen dann davon ablenken, dass das Unternehmen im Kern alles andere als nachhaltig ist. Firmen wie Shell, Nestlé oder H&M mussten aus diesem Grund so manchen Shitstorm über sich ergehen lassen. Kund*innen, die einmal enttäuscht wurden, vergessen nicht – und das Internet vergisst noch weniger. Hier kommen unsere 4 Tipps gegen Greenwashing und für eine authentische Nachhaltigkeitskommunikation:

Tipp #1 – Glaubwürdig bleiben

Nachhaltigkeitskommunikation darf keine leeren Versprechungen machen und nicht nur als Marketinginstrument verstanden werden. Unternehmen müssen es ernst meinen – erst Taten, dann Worte. Dabei hilft eine langfristige Strategie. Sie bricht die Prinzipien der Nachhaltigkeit auf die Branche, das Geschäftsmodell und die Prozesse des jeweiligen Unternehmens herunter. Die Nachhaltigkeitsstrategie gibt die Stoßrichtung vor. Daraus leiten sich die einzelnen Handlungsfelder und Maßnahmen ab. Messbare Ziele – zum Beispiel den CO2-Fußabdruck um eine bestimmte Prozentanzahl senken oder CO2-neutral werden zu wollen – schaffen zusätzliche Klarheit und Glaubwürdigkeit. Gleiches gilt für regelmäßige Reporting-Formate wie den Nachhaltigkeitsbericht oder das Veröffentlichen von Standards und Zertifizierungen (zum Beispiel EMAS, das Umweltmanagement-Gütesiegel der EU, oder die internationale Umweltmanagement-Norm ISO 14001).

Tipp #2 – Bereitschaft zum Dialog zeigen

Nachhaltigkeitskommunikation ist keine Einbahnstraße. Besonders Social Media ermöglicht eine einfache und schnelle Interaktion zwischen Unternehmen und (potenziellen) Kunden: Ein Facebook-Post kann kritische Fragen hervorrufen, ein LinkedIn-Beitrag Grundstein für eine angeregte Diskussion sein. Unternehmen dürfen sich nicht aus dem Dialog zurückziehen. Sie sollten auf Kommentare und Anregungen reagieren und auch offen mit Kritik umgehen können. In den sozialen Medien immer stärker verbreitet ist dabei der sogenannte Corporate-Influencer-Ansatz: Geschäftsführer*innen, andere Führungskräfte oder auch der/die Nachhaltigkeits-Beauftragte positionieren sich zum Thema Nachhaltigkeit, vernetzen sich, sprechen potenzielle Mitarbeitende an, pflegen Kontakte zu Partner*innen und Kund*innen.

Tipp #3 – Transparent sein

„Tue Gutes und sprich darüber“: Dieses Motto gilt auch bei der Nachhaltigkeits­kommunikation. Übertreibungen oder Unwahrheiten haben dabei aber nichts verloren. Um gar nicht erst in den Verdacht des sogenannten Greenwashings zu kommen, ist eine transparente Darstellung der Ziele, der Fakten, des aktuellen Stands (und manchmal auch möglicher Rückschläge) im Transformations-Prozess entscheidend. Hier zahlt es sich aus, wenn das Unter­nehmen den Fokus nicht allein auf den umfangreichen und oftmals komplexen Nachhaltigkeitsbericht legt, sondern stattdessen die einzelnen Schritte kommunizieren. Wie hoch ist unser aktueller CO2-Ausstoß? Welcher sozialen Initiative haben wir uns in letzter Zeit angeschlossen? Und wie berücksichtigen und befolgen wir neue Nachhaltigkeitsstandards? Anschauliche und konkrete Beispiele zeigen: Wir meinen es ernst.

Tipp #4 –  Konsequent und kreativ kommunizieren

Die Themen stehen, jetzt geht’s an die Umsetzung – in Form von Text, Bild und Film. Wie für jede gute Kommunikation gilt auch im Bereich Nachhaltigkeit: Um die Ecke denken, informieren, unterhalten und die Zielgruppe überraschen – lieber mit einem Augenzwinkern als mit einem erhobenen Zeigefinger. Belohnt wird, wer auf nichtssagende Floskeln und austauschbares Bildmaterial wie grüne Wiesen und blühende Landschaften verzichtet. Individualität ist das Stichwort. Die gemeinsame Motivation, etwas zu bewirken und Lösungen zu finden, sollte sichtbar sein. Ein roter Faden ist entscheidend. Heißt: nachhaltige Themen stringent über alle Kanäle und Themenbereiche hinweg kommunizieren. Behalten Sie Markt und Mitbewerber*innen im Auge. Nutzen Sie Storytelling: Ersetzen Sie trockene Zahlen durch anschauliche Beispiele. Lassen Sie Menschen zu Wort kommen, die berichten, wie sich die Nachhaltigkeits-Maßnahmen in ihrem Arbeitsumfeld konkret auswirken. So kann auch das Wortungetüm mit den zehn Silben und 28 Buchstaben zu einem echten Freund werden.

 


 

Von der Theorie zur Praxis

Sechs Kunden von Communication Consultants erklären, welche Rolle Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen spielgt und wie sie über ihre Aktivitäten informieren. HIer gehts zu den  Kundenstimmen: Kurze Rede, langer Sinn: Nachhaltig­keits­kommunikation in der Praxis