Als Kommunikatoren besitzen wir einen mächtigen Treibstoff: Die Themen. Mit ihnen können wir den Ruf einer Organisation, deren Reputation, entscheidend beeinflussen. Sie ist das höchste Gut von Unternehmen, ein wichtiges, wenn nicht das entscheidende intangible Asset.

Unter dem Begriff „Reputation“ verstehen wir Kommunikations-Profis nichts anderes als das vermittelte und kommunizierte Ansehen (eng. Reputation) eines Unternehmens in der Öffentlichkeit. Diesen Unternehmenswert sollten wir hegen und pflegen, denn ein hohes Ansehen führt zu einer größeren Unterstützung durch wichtige Bezugsgruppen. Wenn es um die Reputation gut bestellt ist, berichten Journalisten zum Beispiel wohlwollender in Krisensituationen, Politiker erlassen Gesetze, die das Unternehmen nicht belasten und die Belegschaft unterstützt bei der Mitarbeitergewinnung. Ist das Ansehen bei wichtigen Bezugsgruppen hingegen zerstört, kehrt sich deren Unterstützung in Abneigung um. Damit das nicht passiert, sollte ein Unternehmen seine Reputation positiv beeinflussen. Aber wie?

Hier kommt unser Treibstoff ins Spiel. Themen, sogenannte „Issues“, bieten dem Unternehmen Anknüpfungspunkte für eine strategisch ausgerichtete Kommunikation. Mit ihrer Hilfe kann eine Beziehung zu unterschiedlichen Teilöffentlichkeiten hergestellt werden. Das Gute: Themen sind greifbar, man kann sie planen, steuern und messen. Und: Themen haben Potential. Sie entwickeln sich und schreiben so die Unternehmensgeschichte weiter fort.

Der Unterschied zwischen Themen und Issues

Heißt es nun Issue- oder Themen-Management? Beide Begriffe werden genutzt. Der Unterschied zwischen Themen und Issues ist jedoch marginal. Teilweise werden Issues als Themen mit größerem Krisenpotenzial definiert. In der Praxis verwende ich beide Begriffe als gleichbedeutend. Themen – oder Issues – charakterisieren sich durch ein öffentliches Interesse und einen häufigen Bezug auf Handlungen und Ereignisse. Dieses Interesse unterscheidet sich von Bezugsgruppe zu Bezugsgruppe. Themen sind nicht immer positiv, sie bergen häufig auch Konfliktpotenzial hinsichtlich des unternehmerischen Handelns einer Organisation und dessen Konsequenzen. Welche Themen man „schürft“, sollte also gut überlegt werden.

Woher Themen nehmen, wenn nicht stehlen?

Die Aussage „Wir haben doch keine Themen!“ lasse ich nicht gelten. In Unternehmen gibt es unzählige Geschichten zu erzählen: Geschichten über neu entwickelte Produkte, interessante Mitarbeiter, Kundenprojekte oder die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Diese Vielzahl an Themen muss nur geborgen und hinsichtlich ihrer Potentiale für die Kommunikation evaluiert werden. Dabei kann man grundsätzlich zwei unterschiedlichen Perspektiven folgen: Der Inside-Out-Perspektive oder der Outside-In-Perspektive.

In Unternehmen gibt es unzählige Geschichten zu erzählen: Geschichten über neu entwickelte Produkte, interessante Mitarbeiter, Kundenprojekte oder die strategische Ausrichtung des Unternehmens.

Die Innensicht

Kommunikatoren sind oft mit dieser Ansicht konfrontiert. Themen werden aus den anderen Abteilungen und der Managementebene an die Kommunikationsabteilung herangetragen. Die Themen richten sich dabei nach den Prioritäten der jeweiligen Unternehmensabteilung. Produktbezogene Themen reichen Vertrieb und Marketing und deren Fachexperten. Innovationsthemen liefern die Abteilung Forschung & Entwicklung oder die Business-Intelligence-Unit. Organisationsbezogene Themen, die Change-Prozesse, dazugehörige Projekte oder Initiativen sowie strategische Themen betreffen, werden meistens durch die Geschäftsführung gepusht.

Diese „Inside-Out-Perspektive“ ist praktisch, bietet aber auch einige Fallstricke: Durch die Innensicht werden die Themen nach internen Gesichtspunkten ausgewählt und priorisiert. Das bedeutet dann nicht immer, dass die ausgewählten Themen auch strategisch sinnvoll sind. Abteilungsgröße, internes Standing oder kurzfristiger Aktionismus sind hier oft Gründe, warum Themen plötzlich wichtig werden. Um einschätzen zu können, welche Themen für die externe Kommunikation interessant sind, braucht es aber unabhängige Experten. .Ein neues Corporate Design oder eine überarbeitete Unternehmensidentität sind für die Mitarbeiter zum Beispiel extrem wichtig, außerhalbinteressieren sich dafür aber nur sehr wenige Stakeholder. Es bedarf also einen Abgleich der Innensicht mit der Außensicht: Hier kommt die Outside-In-Perspektive ins Spiel.

Die Außensicht

Um zu wissen, was die Öffentlichkeit interessiert, muss man die eigenen Themen mit der Umwelt abgleichen. Zur Umwelt, also zur Welt jenseits der „Unternehmens-Blase“, gehören zum Beispiel die Fachpresse oder die Tagespresse. Journalisten nehmen dabei die Rolle eines Gatekeepers ein: Sie selektieren Themen nach ihrer Relevanz für eine breitere Öffentlichkeit. Sie filtern so die Vielzahl an Themen und spiegeln das öffentliche Interesse wider. Für die eigene Branche eignet sich bei der Themen-Priorisierung auch ein Blick auf die Wettbewerber: Welche Themen besetzen Unternehmen, die in meiner Branche agieren? Wo gibt es kommunikative Nischen?  Bei welchen Inhalten tut sich der Wettbewerb schwer? Auch die Kommunikation von Branchenverbänden, Veranstaltungen und Kongresse geben Auskunft darüber, welche Themen derzeit auf der öffentlichen Agenda stehen. Um künftige Trends zu identifizieren, lohnt sich weiterhin ein Blick in die (praxisnahe) Forschung.

Als Kommunikatoren vermitteln wir zwischen Inside und Outside. Es ist unsere Aufgabe, diese beiden Perspektiven zusammenzubringen. Dafür gleichen wir die Ansprüche der externen Bezugsgruppen ab, identifizieren neue externe Themen und priorisieren die interne Themenagenda.

Wie werden aus dem Rohstoff echte „Themen-Schätze“?

Für die konkrete Themensammlung bietet sich eine erste Recherche an. Ausgangspunkt ist die bisherige Kommunikation des Unternehmens. Der Output auf der Webseite, in den eigenen Pressemitteilungen oder Geschäftsberichten gibt Ausschluss darüber, welche Themen das Unternehmen aktuell kommuniziert – und welche noch nicht. Regelmäßig wiederkehrende Themen wie die Geschäftsentwicklung oder wichtige Messen bilden feste Anker im Kommunikationsjahr. Sobald die Themen identifiziert sind, sollte mit relevanten Themenverantwortlichen gesprochen werden. Das können Kommunikationsverantwortliche sein, die Geschäftsführung, der Personalverantwortliche oder auch Mitarbeiter aus Vertrieb und Marketing. Sie liefern wichtige Anhaltspunkte für die Themenauswahl. Fragebögen, Tiefeninterviews oder Workshops bieten sich dafür als Werkzeuge an. Diese können auch für den Abgleich mit der Außensicht genutzt werden. Eine Medienbeobachtung und –analyse, Social Listening, die Auswertung von Sonderthemen in der Fachpresse liefern zudem qualifizierte Erkenntnisse.

Wanted – Themensteckbriefe verfassen

Aus der Themensammlung werden nun für jedes relevante Thema Steckbriefe erstellt. Sie beantworten die W-Fragen: Wer, wie, was, wo, warum, wozu, wann? Hat das Thema Krisenpotenzial und wenn ja, für wen? Ist es ein internes Thema oder besteht ein öffentliches Interesse? Zudem sollte festgelegt werden, wer innerhalb der Organisation für das Thema verantwortlich ist.

Erste Hilfe gegen Issue-Overload – Content-Map erstellen

Sobald alle Themen gesammelt sind, müssen diese noch sortiert werden. Um die Orientierung zu behalten,  sollte man eine Themenlandkarte anlegen. Diese „Content-Map“ fasst die Vielzahl an Themen in übersichtlichen Clustern zusammen. So erhält man ein thematisches Abbild einer Organisation. Die Themen lassen sich nach funktionalen Bereichen und dem Abstraktionsgrad strukturieren. Es gibt beispielsweise Themen, die auf die Arbeitgebermarke einzahlen. Diese sind dann auch in der HR-Abteilung beheimatet. Produkt- und Service-Themen kommen aus dem Marketing und so weiter. Diese übergeordneten Themencluster sind statisch, das heißt, sie ändern sich auch über einen längeren Zeitraum kaum. Jedem Themencluster sind einzelne Themen zugeordnet. Die einzelnen Themen können sich im Zeitverlauf ändern und dynamisch entwickeln.

Relevanz – Themen strategisch abgleichen

Strategische Themenplanung heißt auch Fokussierung. Bei einer großen Themenvielfalt kann nicht jedes Thema gleich bearbeitet werden. Deshalb muss ein strategischer Abgleich stattfinden, der die Relevanz für die Unternehmensentwicklung, die Anschlussfähigkeit für die Unternehmensstory und den strategischen Nutzen berücksichtigt. Dadurch werden die begrenzten Ressourcen innerhalb der Kommunikationsabteilung effizienter eingesetzt. Zudem herrscht im klassischen Journalismus noch immer eine begrenzte Aufnahmebereitschaft. Hier buhlt man als Kommunikator um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und muss sich deshalb immer fragen, ob das, was man da gerade kommuniziert auch jemanden interessiert. Die beinahe unendliche Anzahl an Kanälen und Formaten erhöht den Aufwand. Denn nur wenn die Inhalte auch an die jeweiligen Kanäle angepasst sind, entfalten sie ihre gesamte Wirkung.

Themen priorisieren

Nachdem die Themen in der Content Map sortiert und geordnet sind, müssen sie immer noch priorisiert werden. Dazu kann man sich an einem journalistischen Vorgehen orientieren. Die Themen, die die meisten Nachrichtenfaktoren abdecken, sind meistens auch am relevantesten. Sie entscheiden darüber, ob ein Thema in der Öffentlichkeit als wichtig wahrgenommen wird. Ich habe einmal folgende sieben Nachrichtenfaktoren als Beispiel ausgewählt, die für die Öffentlichkeitsarbeit besonders relevant sind:

  1. Einfachheit
  2. Nähe
  3. Überraschung
  4. Personalisierung
  5. Aktualität
  6. Nutzen
  7. Emotionen

Wichtig ist, dass man auch an diesem Punkt die Unternehmenssicht mit der externen Relevanz abgleicht. Stehen die zu bearbeitenden Themen, kann mit der Planung begonnen werden. Wie gehe ich mit den einzelnen Themen um? Benötige ich noch weitere Informationen? Es empfiehlt sich, einen zentralen Themenplan zu erstellen. Dort werden Themen in einzelne Maßnahmen überführt. Dies geschieht anhand einer zuvor festgelegten Themenstrategie.

Natürlich kann eine Planung niemanden davor bewahren, dass einen Themen unvorbereitet treffen. Jedoch bietet die Planung Raum, sich gezielt auf die relevantesten Aufgaben zu konzentrieren und für die kritischen Themen vorbereitet zu sein. Ein strategisches Themen-Management gewährleistet zudem, dass die Ressourcen für die richtigen Projekte eingesetzt werden und macht Entscheidungen transparenter.